Schalldämmung in Schaltschränken und Gehäusen
Elektrische und elektronische Installationen erzeugen oft als Nebenprodukt Geräusche. Werden diese Geräusche zu laut oder als störend empfunden, bezeichnen wir sie als Lärm. Allgemein ist bekannt, dass Lärm auch gesundheitsschädlich ist und Menschen belastet, also ist er unerwünscht. Dazu gibt es viele Untersuchungen, DIN- Normen und Verordnungen, so dass solcher Lärm z.B. an Arbeitsplätzen und in Wohnumgebung nicht toleriert werden kann.
Was ist Lärm
Stellen wir erstmal fest, wie sich „Lärm“ überhaupt definiert. Gemeinhin wird der herrschende Schalldruck mit einem Mikrofon gemessen. Das Messergebnis wird im Idealfall den Schalldruck linear über das gesamte hörbare Frequenzspektrum von ca. 10 Hz bis 25 kHz aufzeigen.
Nun hört der Mensch aber nicht so wie ein Mikrofon. Unser Gehör ist eine individuelle psychologische Interpretation dessen, was um uns herum an Schall stattfindet. Dieser Schall wird nicht etwa linear im Ohr gewandelt und dann so an das Gehirn weitergegeben und ausgewertet. Tatsächlich schränken bereits der mechanische Aufbau und die Sensorik unserer Ohren die lineare Wandlung der eintreffenden Schallwellen ein. Auch die weitere Übertragung zum Gehirn ist keineswegs linear, sondern unterliegt einer Art „Datenkompression“, weil die Möglichkeiten unserer Nerven keine komplette Übertragung zulässt. Im Gehirn werden dann diese lückenhaften Informationen zusammengesetzt und mit erlernten / ererbten Mustern verglichen und interpretiert.
Freqenzbereiche des Höhrens
Daraus folgt, dass Hören ein psychologisches Phänomen, mithin eine Empfindung ist, und das Gehörte nicht unbedingt der tatsächlichen Realität entsprechen muss. Als Beispiel sei hier der eingeschränkte hörbare Frequenzbereich genannt. Menschen können im Idealfall Frequenzen von etwa 10 Hz bis 25 kHz wahrnehmen, richtig gut hören aber nur von ca. 25 Hz bis 15 kHz, und als wichtige Ereignisse interpretiert nur von ca. 100 Hz bis 10 kHz. Auch empfindet der Mensch nicht alle Frequenzen als gleich wichtig, hohe Schalldrücke bei höheren Frequenzen werden störender empfunden als gleiche bei tiefen Frequenzen. Weiterhin hört der Mensch in Frequenzbändern. Bei Geräuschen mit dicht beieinander liegenden Frequenzen ähnlichen Schalldrucks werden nur die lauteren Frequenzbänder gehört, leisere Ereignisse in daneben liegenden Bändern werden nicht wahrgenommen.
Also:
Schall ist das was tatsächlich stattfindet.
Lärm ist das was wir empfinden.
Oder Lärm ist eine individuelle Erfahrung, keine physikalische Größe.
Bilder: Im Otto-Bock-Science-Center Berlin laufen ca. 30 PCs und zusätzliche Elektronik in 12 schalldämmenden Schränken auf 3 barrierefreien Gebäudeebenen in einer ständigen Ausstellung, von den Publikumsräumen nur durch farbige Glaswände getrennt. Ohne Publikum ist es in der Ausstellung vollkommen still, obwohl die Ebenen türfrei offen sind.
Wie wird die Geräuschbeastung eines Serverschrankes gemessen?
Diesem Umstand tragen verschieden Messverfahren Rechnung. Die Messung wird mit einem Filter beaufschlagt. Allgemein verbreitet ist das Filterverfahren mit den Messkurven nach dB(A), wozu es auch eine DIN-Norm gibt. Hierbei soll die Unempfindlichkeit des Gehörs bei tiefen und hohen Frequenzen abgebildet werden. Diese Messung ist gebräuchlich, weil der Filter einfach zu realisieren ist. Sie ist aber nicht Stand der Technik, weil sie das Hören in Frequenzbändern nicht berücksichtigt. Weithin unbekannt ist auch, dass die Filterkurve dB(A) nur für geringe (=leise) Schalldrücke gilt, für größere Pegel gelten die Filterkurven db(B) und db(C).
Schalldämmung im Serverschrank – Methoden
Jetzt wissen wir, dass laute Geräusche, mithin Lärm, uns gehörig auf die Nerven geht. Was können wir dagegen tun? Ein probates Mittel ist, die Lärmquelle weit weg zu stellen oder in einen anderen Raum, weil dann die Schallenergie geringer ist oder abgeschattet wird. Eine solide Mauer bringt da viel. Wenn aber die Installation ohnehin in einem Schaltschrank untergebracht ist, haben wir ja auch einen getrennten Raum. Ist der Schrank aus Stahlblech, haben wir Glück, denn Stahl leitet zwar den Schall, ist aber gleichzeitig auch akustisch intransparent, es geht also Schallenergie verloren, wenn der Schall durch die Wand aus Stahlblech dringen muss. Wenn jetzt noch alle Spalten und Ritzen des Schrankes vollkommen abgedichtet wären und das Blech ausreichend dick, hätten wir eine schöne lärmdämmende Einhausung.
Absorptionsmaßnahmen im Serverrack
Aber schon gehen die Probleme los: das Blech ist leider nicht sehr dick, und Öffnungen für die Kabelführung müssen auch sein. Außerdem erzeugen die Geräte im Schrank auch Wärme, die kann nicht weg, und die Geräte werden unzulässig heiß.
Die Lösung ist, nicht nur den Schall durch Abdichten abzuschotten, sondern auch möglichst viel Schallenergie im Schrank durch geeignete Absorptionsmaßnahmen zu binden. Zur Absorption geeignet sind offenporige Materialien, wie Glas- oder Mineralwolle, auch andere Wolle, Kunstschäume usw. Eben alles Material, das „luftdurchlässig“ ist, und eine ausreichend hohe Raumdichte hat. Damit kann das Gehäuse innen ausgekleidet werden.
Akustische Abdichtung versus Wärmeabfuhr im Akustikschrank
Nächste Maßnahme ist, die Kabelführung entweder akustisch abzudichten, oder die Kabel durch einen Schalldämpfer zu führen, der den nach außen dringenden Schall wirksam dämpft.
Eine einfache Auskleidung mit – z.B. 50 mm starker Mineralwolle – bringt schon eine erhebliche Reduktion der Schallenergie, behindert aber auch die Wärmeabfuhr.
Es geht deutlich besser. Berücksichtigt man die Gesetze der Fluiddynamik und setzt Absorber ein, deren Beschaffenheit gezielt auf das zu dämpfende Frequenzspektrum abgestimmt ist, werden weit bessere Ergebnisse erzielt.
Luftschall und Körperschall im Schaltschrank
Bisher haben wir nur den Luftschall betrachtet, den die Geräte abgeben. Oft wird aber auch ein Körperschall erzeugt, also das Gerät vibriert, brummt usw. Dieser Körperschall wird sich auf den Schaltschrank übertragen, sowie das Gerät darin mechanisch verbunden ist, und der gesamte Schrank wird den Schall abstrahlen. Um Körperschall wirklich wirksam zu dämpfen, muss die Masse des Geräts und das Frequenzspektrum bestimmt werden. Darauf können geeignete mechanische Entkopplungsmaßnahmen, bzw. mechanische Dämpfer abgestimmt werden. Leider werden hier oft ungeeignete Dämpfer verwendet, die eben Frequenz und Masse nicht berücksichtigen. Einen Universal-Dämpfer für alle Einsatzfälle gibt es nicht. Deshalb wird dann eben das Problem ignoriert und gar kein Dämpfer eingesetzt.
Bild: Schalldämmender Schrank im Empfangsbereich einer IT-Firma in Berlin
Wärmeentwicklung im schallgedämmten Schrank
Bleibt noch das Problem mit der Wärmeentwicklung. Die Geräte im Schrank werden die sie umgebende Luft erwärmen, sie geben eine Wärmestrahlung ab. Diese warme Luft und die Wärmestrahlung erwärmen aber auch das Stahlblech, die Außenhaut unseres Schrankes, der die Wärme dann wiederum an seine Umgebung abgibt. Das wird kaum reichen um die Geräte ausreichend kühl zu halten. Also muss kühlende Luft her. Die können wir entweder, wiederum angesaugt durch geeignete Schalldämpfer, der umgebenden Raumluft entnehmen, oder wir führen sie von außen über Kanäle zu. Die erwärmte Luft muss aber auch wieder raus aus dem Schrank. Also wiederum über Schalldämpfer in die umgebende Raumluft oder Kanäle nach außen.
Bei der Dimensionierung dieser Maßnahmen ist zu beachten, dass u.U. die Raumluft ganz erheblich erwärmt wird, und obendrein die durchströmende Luft wiederum Geräusch erzeugt. Ohnehin ist Luft als Gasgemisch ein sehr schlechter Wärmeleiter, woraus sich ja auch die hohe Menge an Frischluft zur Kühlung ergibt. Deshalb werden diese Räume mit hohem Wärmeanfall oft durch eine Raumklimaanlage gekühlt, was sehr ineffektiv ist und obendrein erneut Lärm erzeugt. Technisch und physikalisch gesehen eine sehr schlechte Lösung.
Schalldämmung eines Geräteschrankes durch Flüssigkeitskühlung?
Wesentlich besser ist da ein dichteres Medium, das die Wärme besser aufnimmt und leitet, z.B. Kühlwasser. Moderne Hochbaukonzepte setzen Flüssigkeit nicht nur als Wärmeträger für die Zentralheizung ein, sondern auch zur Kühlung von Räumen und Gebäuden. Mit flüssigkeitsgekühlten Schaltschränken kann bei ca. 40 HE Nutzhöhe problemlos eine Wärmelast von 5 kW/h bewältigt werden.
Die Konstruktion wassergekühlter Schränke hat auch den Vorteil, dass sie hermetisch dicht sein kann, also keine Öffnungen hat, was wiederum der Schalldämmung sehr zugute kommt.
Das Erzeugen von Kühlwasser braucht eine Kältemaschine, einen Kaltwassersatz. So effektiv und elegant eine solche Lösung auch ist, die Kosten für den Kaltwassersatz und die nötige Verrohrung sowie die baulichen Gegebenheiten erschrecken zunächst verhindern oft deren Einsatz. Dennoch: flüssigkeitsgekühlte schalldämmende Schaltschränke mögen zunächst schwer zu realisieren und teuer erscheinen, der Betrieb ist aber auch über Jahre hinaus berechnet weit günstiger als eine Luft-Luft Kühlung, raumklimatisch besser, und bei weitem leiser als jede andere Lösung.
Welche Ergebnisse können wir überhaupt mit schalldämmenden Massnahmen in Schaltschränken erzielen?
Zum Vergleich zunächst: eine Zimmertrennwand aus Kalksandstein dämpft den Schalldurchgang um ca. 45 – 55 dB(A). Eine Zimmertrennwand aus zweischaligem zweilagigem Gipskarton (Trockenbau) bringt es auf eine Schalltrennung von etwa 35 – 45 dB(A).
Ein luftgekühlter Schrank mit gut optimierter Dämmung, guter Abdichtung und optimierter Kühlluftführung kann durchaus 35 – 45 dB(A) bringen. Dabei kann ein Schrank mit ca. 40 HE etwa 1 kW/h Wärmelast bewältigen, in Abhängigkeit von der Umgebungstemperatur.
Flüssigkeitsgekühlte schalldämmende Schränke sind da deutlich besser. Hier können durchaus Werte von 50 dB(A) und darüber realisiert werden. Ein Beispiel für eine gelungene Lärmdämmung bei gleichzeitigem Wärmemanagement ist das ARD Tagesschaustudio. Hier laufen 7 Hochleistungs-Videoprojektoren mit insgesamt ca. 20 kW Wärmelast in jeweils eigenen flüssigkeitsgekühlten Gehäusen, sowie weitere Elektronik in 4 flüssigskeitsgekühlten und gedämmten Schaltschränken direkt im Aufnahmestudio. Die bewältigte Wärmelast ist insgesamt ca. 30 kW, ohne Anfall von Kondenswasser, bei einer Schallemission von weniger als 25 dB(A). Zugleich wird die Raumtemperatur des Studios trotz der hohen Wärmelast nicht beeinflusst.